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Geschichte Südwest-Irlands 2


Diese Ausführungen hat uns freundlicherweise Herr Elsholz aus Berlin zur Verfügung gestellt.
Er besitzt ein Haus auf Beara, wohnt sehr oft dort und vermietet auch eine Wohnung.
Falls Sie Interesse haben, senden Sie Ihm eine email: r.r.elsholz@t-online.de
Telefonisch oder per Fax erreichen Sie Ihn unter: 030 / 817 84 44

 

Vom 17. Jahrhundert zur Neuzeit



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In Kilmakilloge/ Lauragh hatte der Clan der McFinnan Duffs , ein Unterclan der O`Sullivans, das Sagen und herrschte relativ gerecht und ungestört bis etwa 1840. Die Pacht wurde in Naturalien oder Arbeitsleistungen bezahlt, bei schlechter Ernte für die Unterpächter eine Katastrophe. Zusätzlich wurde bereits frühzeitig eine Stadt zur Ansiedlung englischer Handwerker und Kaufleute (Kenmare, irisch: Neidin) gegründet. Geblieben sind die alten, von englischen Architekten entworfenen Häuser, die heute, gepaart mit der Freude der Iren an Farben, den Charme von Kenmare ausmachen. Weitere Versuche von Dorf- und Stadt-gründungen wurden unternommen, als Ergebnis auf Beara sind Ardgroom und Eyries zu nennen.
Eigene geschlossene Dörfer wurden von den Iren auf Beara kaum gegründet, es widersprach ihrem Lebensstil, auch heute noch, man lebt in einem "parish" - Gemeinde.
Lauragh sei dafür ein Beispiel. Sie wünschen u.a. einen genügend großen Abstand zum Nachbarn, und sei er noch so freundlich. Zusätzlich konnte sich während der englischen Besetzung keine Handwerker- und Händlertradition ausbilden. Jeder konnte alles, aber nichts richtig. Wozu dann eine Stadt, es sei denn als Marktplatz, wofür auf Beara keine Notwendigkeit bestand, vielleicht abgesehen von Castletownbere (englischer Name: Castletown / Bearhaven). Castletownbere wurde bereits sehr frühzeitig von den Engländern als Kriegshafen genutzt, da dieser Naturhafen sehr sicher und gut zu verteidigen war. Erst lange nach Gründung des Freistaates Irland gaben sie diesen Hafen , bzw. die vorgelagerte Insel, auf.

Da nach englischem Recht in Irland ein Ire ( Penal Laws 1695), besonders im 17. und 18. Jahrhundert, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, kein Land besitzen durfte, konnte sich, insbesondere in Süd-West-Irland, keine wohlhabende, und somit auch gebildete, Bevölkerungsschicht entwickeln. Die Wohnhäuser auf Pachtgrund waren sehr klein und von äußerster Primitivität (Ein-Zimmer-Häuser).
Besuchen Sie doch einmal eine Ruine, sie stehen z.T. noch direkt am Straßenrand, und stellen Sie sich vor, daß Sie mit einer sehr großen Familie, ein Dutzend Kinder waren üblich, dort wohnen sollten! Wegen dieser sozialen Situation werden Sie vergeblich nach wirklich schönen alten original irischen Bauernhäusern Ausschau halten.
Die gibt es nur in Reklameprospekten oder wurden von Amerikanern großzügig nachgebaut, vor allem in den nördlichen Grafschaften Galway und Mayo.

Anfang des 18. Jahrhunderts ging der Besitz von Lauragh durch Heirat an Lord Lansdowne über und wurde weiter entwickelt, Derreen in Kilmakilloge/ Lauragh wurde zum Herrenhaus ausgebaut, in den Folgejahren allerdings häufig verändert, der berühmte Garten wurde erst um 1860 angelegt und befindet sich noch heute im Besitz der Familie, einschließlich der Kilmakilloge umgebenden alten Wälder. Der vor dem Herrenhaus befindliche Fels war bereits zu alten keltischen Zeiten ein Treffpunkt.

Im Gegensatz zu vielen anderen englischen Großgrundbesitzern war die Lansdowne-Familie für ihre Zeit relativ "sozial" eingestellt. Während der großen Hungersnot 1845- 1849 (Kartoffelpest) versuchte Lansdowne mit ( z.T. sinnlosen) Hilfsprogrammen Arbeit für die Iren auf Beara zu beschaffen. Nahrungsmittel gab es genug in Restirland, nur sie wurden von den Großgrundbesitzern für gutes Geld nach England exportiert, noch heute für viele Iren ein sehr wunder Punkt.
Zu der Zeit entstanden z.B. auf Beara der eigentlich nicht notwendige "Healy-Pass" bei Kilmakilloge, die nicht-enden-wollenden Steinmauern die Berge hinauf und viele der kleinen Hafenanlagen. Trotzdem mußte eine große Zahl der Iren zu der Zeit das Land verlassen oder verhungern. Von den ursprünglich über 9 Millionen Einwohnern von Gesamtirland blieben nur etwa 3 Millionen im Land, etwa 2 Millionen Menschen verhungerten, der Rest wanderte vor allem nach Amerika aus, die Fahrtkosten in primitivsten Schiffen zahlten die Großgrund-besitzer.
Wenn Sie heute z.B. die Halbinseln oder das Inland besuchen, so finden Sie noch sehr viele von den alten Gehöften als Ruinen. Eindrucksvoll sind die sehr kleinen Felder, von denen sich die sehr großen Familien ernähren mußten, vor allem durch Kartoffelanbau. Wie klein die Grundstücke wirklich waren, können Sie sehr plastisch in Ballycrovane/ Eyries sehen, da dort die alten Steinmauern der Feldbegrenzungen noch fast vollständig stehen.

Obwohl Beara vom Meer umschlungen ist, hatten die Iren auf Beara früher kaum Fischfang betrieben. Dies aus mehreren Gründen: Die Iren waren traditionell ein Bauernvolk und konnten sich kaum mit dem Meer anfreunden. Daraus folgte, daß auch die Boote recht einfach waren.
In den Nord-Provinzen und auf den Inseln war es deutlich besser, dort gab es die seetüchtigen "curraghs", aus Weidenstöcken und Tierfellen gefertigte Ruderboote. Auf Beara beschränkten sich die meisten Einheimischen vor allem auf das Sammeln von Miesmuscheln, Seetank und kleinen Krustentieren. Aber gerade in den Jahren der Hungerkatastrophe hätte eine ausgeprägte Fischfangtradition vielen das Leben retten können, da in den Gewässern um Beara fast zu jeder Jahreszeit viele Fische zu fangen sind.
Da nach englischem Recht nur der Landbesitzer oder ein von ihm Berechtigter in einem Fluß oder See angeln durfte , wurde kurzerhand die nördliche Meeresbucht von Beara - wegen der vielen Wildlachse- als Fluß deklariert: also Kenmare River (diese Fischereirechte für Wildlachs gehören noch heute den Nachfolgern der Landsdown-Familie in Kenmare-River, Glanmore Lake und Glanmore River). Auch das Jagen von Wild war streng untersagt. Wilderer, und davon gab es notgedrungen viele, mußten, wenn sie erwischt wurden, schwer büßen!

Während der Zeit der englischen Besetzung gab es natürlich in allen Teilen von Irland lokale Unruhen, immer neue, z.T. wenig durchdachte, Komplotte wurden geschmiedet, Allianzen mit fremden Mächten wurden eingefädelt, um die Engländer zu vertreiben. Vor genau 200 Jahren versuchte eine französische Flotte an der Südseite von Beara zu landen (Bantry Bay), um beim Kampf gegen die Engländer zu helfen (Wolfe Tone). Auch dieser Versuch mißlang: der Wind wehte aus der falschen Richtung! Um die wirklich verworrene Geschichte von Gesamtirland zu verstehen, müssen Sie mehrere Bücher eingehend lesen.
Die "große" Politik hatte aber auch auf Beara ihren Einfluß. Neben dem bereits erwähnten Verbot von Eigentum wurde auch die irische Sprache (Gaelisch) und die katholische Religion unterdrückt, Geistliche mußten in den Untergrund gehen, die Kirchengebäude wurden fast alle geschliffen. Die Pachtbauern hatten offiziell keine für sie zuständige Instanz. Hier hat dann die Kirche als Verwalter der Armen hervorragende Dienste geleistet. Der Gottesdienst wurde an geheime Orte im Freien verlegt - so z.B. in den Bergen zwischen Eyries und Allihies an der Küstenstraße (Hinweisschilder/ Mass Rock) - die Kinder erhielten eine kurze Schulausbildung, auch an geheimen Orten im Freien, und die Geistlichen versuchten, den Familien in Not zu helfen. Möglicherweise ist dies auch ein Grund, warum Irland heute zu den "katholischsten" Ländern der Welt zählt und die Marienverehrung besonders stark ausgeprägt ist. Achten Sie bei Ihren Fahrten durch Beara auf die sehr vielen Marienstatuen am Wegesrand, häufig in einer "Grotte", für unseren Geschmack viel zu farbenfroh geschmückt. Kruzifixe werden Sie recht selten finden, es sei denn, in den Kirchen selbst.

Nach der großen Hungersnot ging es sehr langsam mit dem Land aufwärts. Landsdowne sorgte dafür, daß die Verkehrswege besser ausgebaut wurden, daß Lauragh eine katholische Kirche (ab 1829 wieder zulässig) und eine Schule erhielt. Beide Gebäude stehen heute noch und werden auch genutzt. Ferner wurden die sehr kleinen Pachtgrundstücke zusammengefaßt (was ja auch wegen des Massenexodus möglich war) und neu verpachtet. Zu vielen der Pachtgrundstücke wurde ein fast "genormtes" Bauernhaus gebaut - zweigeschossig, Eingangstür in der Mitte, insgesamt mit Küche 4 Räume (ein Teil von Noels Haus ist eins dieser "genormten" Häuser). Demnach sehen auch die "alten" Bauernhäuser fast alle gleich aus, für Architekturbegeisterte eine etwas langweilige Situation.

Nach Gründung des Freistaates Irland (1923) ging fast der gesamte Agrarbesitz der Engländer für eine pauschale Kaufsumme an den irischen Staat, der bis etwa 1950 das Pachtsystem aufrecht hielt. Nach Gründung der Republik (1949) konnten die Pachtbauern zu einem recht niedrigen Preis "ihren" Bauernhof kaufen, was dann auch fast alle taten, da die Kaufsumme über viele Jahre "abgestottert " werden konnte. Aus den alten Zeiten ergibt sich aber auch die sehr ausgeprägte Abneigung der Iren, für "ihr" Land irgendwelche Abgaben zu zahlen. Der Versuch, eine Grundstücksteuer einzuführen, scheiterte am erbitterten Widerstand der Bauern. Heute holt sich der Staat seine Einnahmen vor allem durch die Mehrwertsteuer.
Überhaupt versuchen die Iren vor allem in Süd-West-Irland möglichst unabhängig von "höheren Mächten" zu sein. Den Bewohnern von Dublin trauen sie nicht so recht, umgekehrt haben auch die Einwohner der Zentralregionen gewisse Vorbehalte.
Die Iren auf Beara streben, jede Familie für sich, eine gewisse Autarkie an. So haben sich fast alle Bauern ein eigenes Torffeld zugelegt, um energiemäßig nicht abhängig zu sein. Auf dem Weg von Ardgroom nach Eyries und in den Bergen werden Sie viele von diesen Torffeldern von der Straße aus sehen können.

In der Zeit zwischen 1850 und 1910 wurden ganz dramatische Eingriffe in die Natur von Beara gemacht. Da das Pachtwesen nicht genügend Geld abwarf, aber andererseits ein sehr großer Bedarf an Grubenholz für die Bergwerke in Wales (England) und die Kupferbergwerke in Allihies bestand, wurden große Teile von Beara abgeholzt, vor allem Eichenbäume. Nur direkt bei Kilmakilloge (wegen Derreen) steht noch ein Teil des alten Baumbestands. Die kahlen Berge von heute sahen vor nicht allzulanger Zeit völlig anders aus! Als Vergleich sollten Sie sich den Naturpark von Killarney anschauen!
Für Beara sehr wichtig waren die Bergwerke von Allihies und Umgebung. Daß dieser Bergrücken mit zu den ergiebigsten Vorkommen von seltenen Metallen (auch Gold!) in Europa gehört, war schon den Römern bekannt, aber die Gesteinsformationen und Verkehrslogistik waren ein schweres Hindernis für die Ausbeutung. Trotzdem wurden schon seit Urzeiten immer wieder kleinere Bergwerke geschaffen, vor allem wegen der Kupfervorkommen.
Anfang des 19. Jahrhunderts hatte sich eine englische Kapitalgruppe an das Projekt im großen Stil herangewagt. Drei Probleme mußten bewältigt werden: Das Erz zu fördern, aufzubereiten und zu verschiffen. Das erste Problem löste man auch mit Hilfe englischer Bergleute aus Cornwall, die viele hundert Jahre Erfahrung mit Zinnabbau (aber auch Kupfer, Gold und Silber) hatten. Für diese Bergleute wurde für die damaligen Verhältnisse ein recht großzügiger Ort angelegt, die Einheimischen durften in der Regel die Handlangerarbeiten durch-führen. Die cornischen Bergleute wanderten später nach Kanada aus und arbeiteten dort in entsprechenden Bergwerken.
Das Verkehrproblem löste man, indem man u.a. eine Schotterstraße nach Castletownbere baute, so daß auch bei schlechtem Wetter (Allihies Strand zeigt genau nach Nord-West und hat sehr häufig eine hohe Brandung, ein natürlicher Hafen ist nicht vorhanden), das Erz abtransportiert werden konnte. Insgesamt war dieses Unternehmen finanziell zuerst sehr erfolgreich, ein Mitbesitzer -Puxley-, baute sich in der Nähe von Castletownbere ein noch heute eindrucksvolles Schloß in herrlicher Lage auf Dunboy mit viel Marmor und Säulen (Teile von Puxley Castle sind allerdings älteren Datums). Aber durch Fehlentscheidungen beim Abbau wurden Teile des Bergwerks geflutet, zu Beginn des 20. Jahrhunderts fiel zusätzlich der Kupferpreis stark ab, so daß der Abbau kaum noch lohnte. Da Puxley und seine Nachkommen bei den Iren als "Menschenschinder" verrufen waren, brannte sein Schloß eines Nachts bei dem Befreiungskrieg ab. Warum, kann man nur erahnen. Das Unternehmen wurde nicht mehr weitergeführt, sehr viel später wurden die Schürfrechte an eine kanadische Firma verkauft, die vor allem die Goldvorkommen untersuchte und Teile des Bergwerks grundsanierte, aber seit etwa 70 Jahren wurde keine erwähnenswerte Menge Erz mehr gefördert.
Der weiße Sandstrand von Allihies stammt von dem Abraum des Bergwerks (Quarz). Sollten Sie die Bergwerke besuchen wollen, dann achten Sie unbedingt auf versteckte Schächte und Spalten, (nicht nur in Allihies!) allerdings haben die meisten ein Warnschild oder sind eingezäunt. Die Maschinenhäuser können "gefahrlos" besucht werden, das Betreten der Stollen kann lebensgefährlich sein.
Bergwerk in Zahlen: Bestandteile des Erzes: über 10% Kupfer, 11% Eisen, 15% Schwefel
Beschäftigte 1845: 400 Bergleute, 245 Helfer , 170 Jungen, 130 Mädchen (ab 10 Jahre), weitere 55 Gehilfen.




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